Deutschland erlebt zwischen
1871 und 1914 ein rasches Wachstum der
Bevölkerung und den Übergang zum
Industriestaat. Damit ist es zunehmend auf die
Importe von Nahrungsmitteln für die Menschen
und von Rohstoffen für seine Industrien
angewiesen. So ist das neue Deutsche Reich
gezwungen, einen angemessenen Platz im Welthandel
zu suchen, in dem die guten Plätze schon
besetzt sind. Die deutschen Bestrebungen, ab 1884
Kolonien zu erwerben, den eigenen Anteil am
Welthandel auszubauen, Bergbau- und
Erdölförderkonzessionen in Übersee
zu kaufen und den Nahen Osten durch Eisenbahnbau
für sich zu erschließen, sind in erster
Linie verantwortungsvolle Mühen, die
Ernährungs- und Erwerbsgrundlage der stark
wachsenden Bevölkerung zu sichern. In zweiter
Linie sind sie das riskante Unterfangen, sich als
eine Großmacht wie England oder Frankreich
darzustellen.
Zitat
aus:
Gerd Schultze-Rhonhof
1939 Der Krieg, der viele
Väter hatte.
Der lange Anlauf zum Zweiten Weltkrieg.
4. Auflage 2005, Seite 53, OLZOG Verlag, ISBN
3-7892-8166-2
Das Werk ist jetzt auch im Internet verfügbar.
Der Handel:
Protektionismus nach innen.
Als die Verbraucherministerin
Renate Künast ihren Schutzbefohlenen
jüngst dazu riet, um der eigenen
Arbeitsplätze willen doch mehr Dinge aus
Deutschland zu kaufen, da erhob sich empörter
Protest – nicht etwa, wie eigentlich zu
erwarten war aus den Reihen der eigenen Partei, die
ja tatsächlich Anlaß gehabt hätte,
einen Verstoß gegen Geist und Buchstaben
ihres Antidiskriminierungsgesetzes zu beklagen
– sondern von den
Einzelhandelsverbänden. Deren Vertreter
bekundeten Bestürzung und Abscheu
(„Entsetzen über Künast“),
sprachen von einem „deutschtümelnden
Kaufappell“ und warnten, der Verbraucher
müsse einen Bogen um viele Produkte machen,
wenn er das ernst nähme.
Um viele? Um fast alle, denn
auch mit Hilfe einer
sehr starken Lupe gelingt es kaum noch, in den
Katalogen, Fenstern und Regalen der deutschen
Handelskonzerne etwas zu finden, das nicht aus
Billiglohnländern importiert wurde.
(...)
Für die verbliebenen
hiesigen Hersteller von Textilien, Haushaltswaren
und anderen Konsumgütern ist der von diesen
Handelszerberussen bewachte Inlandsmarkt zu einem
„closed shop“ geworden, und als genau
beobachtender Verbraucher nimmt man von jedem
Einkaufsbummel den stimmungsmindernden Eindruck
mit, Deutschland sei schon weitgehend
entindustrialisiert – und muß nachher
zur trockenen Lektüre bundesamtlicher
Exportstatistiken greifen, um sich mühsam
wieder aufzurichten. (...)
Zitat aus:
Manufactum
Hausnachrichten, Herbst 2005
(Beilage zum Katalog Nr. 18)
Autor: Thomas Hoof
MANUFACTUM
Versand
MANUSCRIPTUM Verlagsbuchhandlung
Die Wachstumshysterie, die von
Politikern und Wirtschaftsweisen
gleichermaßen geschürt wird, beruht
einzig auf der Annahme, es sei dauerhaft
möglich, den wachsenden Zinsanspruch des
Vermögens aus dem Wachstum des Volumens der
Realwirtschaft zu befriedigen. Weil reale
Wirtschaft aber eher linear wächst,
während die Wachstumskurven des Geldes
exponentiell verlaufen, ist die grundsätzliche
Unmöglichkeit dieses Gedankens
hinlänglich bekannt, wird aber
dessenungeachtet von den Verantwortlichen solange
geleugnet, wie die Schere zwischen
Geldmengenwachstum und Leistungswachstum mit aller
Gewalt noch geschlossen werden kann. Der als
„Sparen“ bezeichnete Raubbau in den
öffentlichen Haushalten und Sozialsystemen,
den wir derzeit erleben, ist nichts als der
Versuch, den Geldhunger von Zins- und Zinseszins
auf Kosten des Lebensstandards der Bevölkerung
zu befriedigen. Dies wird jedoch
bestritten.
Die Tatsache, dass sich viele
Einrichtungen der öffentlichen Wohlfahrt, der
Kultur und der Wissenschaft schon heute nicht mehr
finanzieren lassen und dass wir den
größten Kahlschlag in den Sozialsystemen
erleben, den es seit 1929 gegeben hat, wird –
völlig unhaltbar und realitätsfremd
– wahlweise entweder der Faulheit der
Arbeitslosen oder fehlenden Kindern und zu lange
lebendenden Alten, oder aber einer angeblich zu
kurzen Wochen- und Lebensarbeitszeit, zu hohen
Löhnen oder allen vorgeblichen Ursachen
zugeschrieben: Vor dem Moloch Zins aber, der uns
auffrisst, werden die Augen fest
geschlossen.
Zitat
aus:
Egon W. Kreutzer
Wolf’s wahnwitzige Wirtschaftslehre
Band III – Über das Geld, Seite 282
f.
EWK-Verlag
Kühbach-Unterbernbach 2005
ISBN: 3-938175-16-8
Wir werden also, bei sonst
gleichen Verhältnissen, jenes Land als auf der
höheren Stufe volkswirtschaftlicher
Entwicklung stehend zu bezeichnen haben, in welchem
der Mittelstand am meisten vertreten ist. Wo aber
der Mittelstand sich in fortschreitender
Auflösung befindet, dort haben wir eine dem
Verderben direkt entgegenreifende Entwicklung vor
uns und zwar um so sicherer, je größer
der Reichtum ist, welcher diesen
Auflösungsprozeß des Mittelstandes
begleitet.
Zitat aus:
Gustav Ruhland
Die Wirtschaftspolitik des Vaterunser.
Berlin 1895, Seite
64
In der internationalen Politik
der Staaten gilt Gewalt vor Recht. Es macht sich
mehr und mehr jene dumpfe Stimmung geltend, die aus
der Tatsache hervorgeht, daß die
großkapitalistisch organisierten Interessen
eines Volkes immer die Interessen aller anderen
Völker zu verdrängen drohen — eine
Stimmung, die bei rasch wachsenden kriegerischen
Konflikten unaufhaltsam entweder zu einem
großen Weltbrande oder zu einer
internationalen Koalition der
Großkapitalisten als Herrschaftsform
über die Völker der Welt führen
muß. (...)
Der heute herrschenden
internationalen Politik fehlt endlich noch Eins:
und das ist der rechte Blick für die
organischen Voraussetzungen zur Einführung der
geldwirtschaftlichen Rechtsverhältnisse. Man
hat sich förmlich abgewöhnt, zu erkennen,
daß die verschiedenen Völker ganz
verschieden ausgewachsene Völkerindividuen
darstellen. Das eine Volk ist noch ein Kind, das
Andere ein halbwüchsiger Bursche, das Dritte
ein Mann und ein Viertes ein Greis. Trotzdem will
die heute herrschende Politik all diesen
Völkern den gleichen Währungsrock mit dem
gleichen Verschuldungsrecht, der Exekutionsordnung
und dem gleichen Verfassungsrecht umhängen.
Die gleichen Fehler sind schon im Altertum gemacht
worden. Und damals sind schon aus diesen Fehlern
ungezählte Kriege und Revolutionen entstanden.
Die germanische Geschichte hat uns gelehrt, wie der
wesentlichste Kulturfortschritt dadurch erreicht
wurde, daß man dem Volke einige Jahrhunderte
länger Zeit ließ, sich unter dem Schutz
der Naturalwirtschaft besser auszureifen. Darin
liegt der tiefe Sinn der lehensstaatlichen
Organisation mit Zinsverbot, Wuchergesetzen und dem
Aequivalenzprinzip für allen Tauschverkehr.
Alle diese hochwichtigen Grundsätze aus der
Weltgeschichte scheint die moderne Politik
vergessen zu haben. Man gliedert einen kleinen
Jungen verfassungsmässig einem reifen Manne an
und führt sofort dessen Strafrecht, dessen
Schuldrecht, dessen geldwirtschaftliche
Rechtsordnung ein — ganz wie es unsere
Großbanken wünschen — und ist dann
noch überrascht, daß die angegliederten
Völker zu Grunde gehen und den
Mutterländern ungeheure Lasten aus den
Kolonialkriegen erwachsen.
Zitat aus:
Gustav Ruhland
Der
freihändlerische Individualismus
und die organische Auffassung der
Volkswirtschaft.
1909